Überspringen
3-D Drucker

Ein Blick über den Tellerrand – Teil 3

Einer für alle. Wie Kreislaufwirtschaft funktionieren kann.

06.03.2025

Ein Blick in die aktuelle Forschung zeigt: An Technologie scheitert die textile Kreislaufwirtschaft nicht. Aber wie wird aus den nachhaltigen Alternativen ein tragfähiges Businessmodell – vor allem dort, wo Performance gefragt ist? Im dritten Teil unserer Reihe schauen wir wieder in die Textilbranche und über deren Tellerrand hinaus – und entdecken zwei ganz unterschiedliche Ansätze, die tragfähig sind.

Lesedauer: 4 Minuten

Möbel aus dem 3D-Drucker
Kreislauffähige Möbel aus dem 3D-Drucker: Die Recozy-Serie „Loom“ wurde von dem Designer Peter Otto Vosding entworfen und wird auf Bestellung in Norddeutschland produziert. ©Recozy

Design-Perspektiven im Cradle-to-Cradle Prinzip

Eigentlich ist der 3D-Druck ja ein alter Hut. Schon in den 1980er Jahren entwickelt, wurde er in den 1990ern primär fürs Prototyping eingesetzt. Nun entfaltet die inzwischen ausgereifte Technologie ihre Stärken in immer mehr Anwendungsbereichen. Kein Wunder, denn mithilfe moderner 3D-Druck-Verfahren und Materialien lassen sich Performance, Nachhaltigkeit und Gestaltungsfreiheit besser vereinen denn je. 

Recozy Beistelltische von Designer Deniz Akta
Können „post consumer“ zurück in den Kreislauf: Recozy Beistelltische von Designer Deniz Akta. Das Druckmaterial basiert auf recycelten Lebensmittelverpackungen, die Platte ist abnehmbar. ©Recozy

Ein Unternehmen, das dies für sich erkannt hat, ist das norddeutsche Start-up Sustainable Manufacturing GmbH, das 2021 unter der Marke Recozy Möbel und Wohnaccessoires nach dem Cradle-to-Cradle Prinzip herstellt. Die für den 3D-Druck verwendeten Filamente und Granulate bestehen überwiegend aus recycelten Rohstoffen, produziert wird ausschließlich auf Bestellung. Auch aufgrund des intelligenten Designs können im Prinzip alle Recozy-Produkte recht einfach recycelt werden. Über das eigene Recozy Exchange Programm ermöglicht es das Unternehmen auch Endkund*innen, die Designstücke am Ende ihres Lebenszyklus zurück in den Recozy-Kreislauf zurückzugeben. Einen Anreiz dafür setzt Recozy mit der Übernahme der Rücksendung und einem Gutschein für den nächsten Einkauf. 

Sessel und Beistelltisch aus dem 3-D Drucker
Täuschend echt: Dem Druckmaterial der Farbe „Wood“ werden recycelte Holzfasern beigemischt. ©Recozy

Etwas leichter gestaltet sich die Rücknahme im geschlossenen B2B-Bereich. „Mit unserer Contract-Linie recozy+individual bedienen wir sowohl individuelle Produktlösungen als auch maßgeschneiderte Spezialanforderungen. Diese reichen von White Label-Lösungen bis hin zu kompletten Einrichtungskonzepten“, sagt Finn-Maximilian Hillen, Co-Founder von Recozy. Die Vision, dass beispielsweise Design-Hotels oder Concept-Stores ihr Recozy-Interior regelmäßig ressourcenschonend und nahezu CO2-neutral updaten können, ist auf den Weg gebracht. Schon jetzt hat Recozy deutschlandweit Objekte wie Shops, Eventlocations und Hotelbars ausgestattet.

Produktpalette aus recycelten Post-consumer-Fasern
Workwear muss performen. Klopman bietet jetzt eine neue Produktpalette aus recycelten Post-consumer-Fasern – marktreif und industriell skalierbar. ©Klopman

Hochwertig und industriell skalierbar

Auch in der Textilindustrie finden immer mehr Unternehmen probate Lösungen für eine effiziente Kreislaufwirtschaft. Noch ist der Weg weit: Derzeit wird in Europa nur ein Prozent der Altkleider regeneriert und als Neuware wieder auf den Markt gebracht. 85 Prozent werden verbrannt oder deponiert. 

Funktionsfasern für hochwertige Workwear aus Altkleidern
Wie werden aus Altkleidern neue Funktionsfasern für hochwertige Workwear? Klopman International hat in Zusammenarbeit mit TDV Industries eine Lösung gefunden. ©Klopman

Einen probaten Ansatz, dies zu ändern, verfolgt Klopman International: Europas führender Hersteller von Stoffen für Arbeits-, Schutz- und Freizeitbekleidung kann jetzt eine völlig neue Produktpalette aus Polyester- und Baumwollfasern anbieten, die aus recycelten Altkleidern gewonnen werden. In Zusammenarbeit mit TDV Industries stellte das Unternehme im Frühjahr 2024 „We-ar circular“ vor, ein global angelegtes Konzept, mit dem leistungsstarke Polyester-Baumwoll-Fasern aus recycelten Altkleidern gewonnen werden können. In dem Prozess sammeln und selektieren Partnerunternehmen gezielt hochwertige Textilabfälle. Aus dieser Selektion entstehen neue Fasern, die den hohen Standards im Arbeitsbekleidungssektor in Bezug auf die physische Leistung und Farbechtheit entsprechen. 

Grafik: Textile Kreislaufwirtschaft
Textile Kreislaufwirtschaft: In der Grafik einfacher umzusetzen als in der freien Marktwirtschaft. Klopman hat es trotzdem geschafft. ©Klopman

Textile Kreislaufwirtschaft: In der Grafik einfacher umzusetzen als in der freien Marktwirtschaft. Klopman hat es trotzdem geschafft. ©Klopman

Das Workwear-Projekt kann schon heute in industriellem Maßstab umgesetzt werden. „Die Resonanz war geradezu enthusiastisch, was auch daran liegt, dass unsere Lösung tatsächlich nicht nur in der Lage ist, Kleidungsstücke am Ende ihres Lebenszyklus in Multifasern zu recyceln, sondern auch, dass sie marktreif und industriell skalierbar ist“, berichtete Amaury Sartorius, Managing Director, Klopman. 

Kerstin Männer

Kerstin Männer

Kommunikationsberaterin und freie Journalistin

Kerstin Männer ist seit über 20 Jahren in der Welt des Interior Designs zu Hause. Ihren beruflichen Werdegang startet sie bei der Messe Frankfurt, seit 2011 lebt und arbeitet sie als Kommunikationsberaterin und freie Journalistin in Köln. Ihre besonderen Steckenpferde sind, dort nachzuhaken, wo die Themen Nachhaltigkeit, Transformation, Trend und Design aktiv angepackt werden, und Laufsport. „Vom Endspurt sind wir in Sachen „Welt retten“ sicher noch weit entfernt, aber es ist gut zu sehen, wie immer mehr Player das Tempo deutlich anziehen.“ Foto: Rosetime

Serie: So kann's gehen

Über die Serie

Die Herausforderungen für Unternehmen der Textilindustrie sind facettenreich und, einfach ausgedrückt, nicht ohne. Sie reichen von steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie über Fachkräftemangel und Lieferketten bis hin zu den Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Innovative Unternehmen nutzen ihre Chancen und generieren aus der Herausforderung ihr Businessmodell. Allein gelingt das allerdings selten. Netzwerke von Wirtschaft und Forschung sind gefragt.

In der Serie „So kann’s gehen“ stellen wir Unternehmen, Start-ups und Marktführer vor, die sich einem Problem nicht nur annehmen, sondern daraus ein zukunftsfähiges Business entwickelt haben.

Weitere Artikel der Serie:

Einer für alle. Wie Kreislaufwirtschaft funktionieren kann. (Teil 1)

Einer für alle. Wie Kreislaufwirtschaft funktionieren kann. (Teil 2)

Circular Economy ist keine Modeerscheinung

Das könnte Sie auch interessieren:

01 / 04