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Ananas an einem Strauch

Textil aus Ananasblättern

So kommt die Ananas in die Steppdecke

06.05.2025

Frisch, fruchtig, süß. Das sind Adjektive, die wir mit der Ananas verbinden. Wie gemütlich und nachhaltig diese sein kann, zeigen der deutsche Bettwarenhersteller Sanders-Kauffmann und das Startup Re-Roo-Tex mit der ersten Ananas-Steppdecke.

Lesedauer: 3 Minuten

Textilien aus Südfrüchten. War da nicht etwas? Richtig: Im Trendareal auf der Heimtextil 2024 präsentierte die Firma Re-Root-Tex ihre textile Innovation aus Ananasblättern. Tatsächlich kommt die Füllung für die neue Decke von Re-Root-Tex. Ihr Motto: Upcycling statt Recycling! Wir stellen das gemeinsame Projekt vor.

Die Steppdecke von Kauffmann richtet sich gezielt an ein Publikum, das großen Wert auf Nachhaltigkeit und Komfort legt. Die textile Innovation steckt in der Füllung, die aus den Blättern der Ananaspflanze gefertigt ist. Lieferant für die neuartige Füllung ist das Start-up Re-Root-Tex, das sich der Entwicklung von industriefähigen nachhaltigen Textillösungen aus Ananas gewidmet hat. 

Das Besondere ist, dass die innovative Faser gleich in mehrfacher Hinsicht nachhaltig wirkt: Die Pflanze wird nicht eigens für die Fasergewinnung angebaut. Stattdessen kommt mit den Blättern ein Nebenprodukt zum Einsatz, das sonst verbrannt oder entsorgt würde. So reduziert Re-Root-Tex den generellen Rohstoffeinsatz, die Abfallmenge in der Lebensmittelindustrie und den Ausstoß von CO2- und Methangas, den die gängige Entsorgung durch Fermentierung oder Verbrennen verursachen würde. Dazu verzichtet das rein mechanische Verfahren völlig auf chemische Zusätze – ein Alleinstellungsmerkmal. 

Re-Root-Tex basiert auf einer Forschungsarbeit, die von, dem Gründer des Unternehmens Rony Khan im Rahmen einer Doktorarbeit erstellt wurde. Wir haben Rony Khan getroffen

Wann und wie kamen Sie auf die Idee, aus Ananas-Abfällen Textilien herzustellen?

Rony Khan: Ursprünglich komme ich aus dem klassischen Fashion-Bereich. Der initiale Impuls zum Umdenken kam 2020 in der Covid-Pandemie in dem Augenblick, als durch das Flugverbot der Himmel plötzlich völlig klar wurde. Die fatalen Auswirkungen unseres Handelns so deutlich vor Augen geführt zu bekommen, löste in mir etwas aus. Ich begann eine Alternative der Textilgewinnung zu suchen, die den Menschen hilft und der Erde nicht schadet. 

Rony Khan
Stellt nachhaltige Fasern aus Ananasblättern her: Rony Khan, Gründer des Startups Re-Root-Tex.

Wie kamen Sie auf die Ananas?

Rony Khan: Das ist eigentlich ganz einfach: Ich bin in Bangladesch auf einer Farm aufgewachsen. Dort habe ich gesehen, welche Massen an organischen Abfällen bei der Ernte anfallen – sprich, welche großen Ressourcen an wertvollen Rohstoffen hier frei werden. 


Wie funktioniert Ihr Verfahren?

Rony Khan: Das Verfahren an sich ist nicht neu: Sowohl in Bangladesch als auch auf den Phillipen wurden traditionell aus Ananas besonders hochwertige Textilien gefertigt. Die ursprüngliche Herstellung ist sehr aufwendig: Man löst in Handarbeit die Fasern aus den Blättern heraus, die dann gesponnen und gewebt werden. Wunderschön, aber unbezahlbar. Um hieraus ein marktfähiges Produkt zu gestalten, musste eine Maschine her, die diese textile Lösung industriefähig und skalierbar macht. Diesem Ziel habe ich meine Doktorarbeit unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. habil. Maike Rabe an der Hochschule Niederrhein gewidmet. Aber tatsächlich bin ich dem Prinzip treu geblieben: Das Verfahren funktioniert weiterhin rein mechanisch, völlig ohne Chemie und mit minimalem Wasserverbrauch.


Wie lange hat die Entwicklungszeit gedauert? 

Rony Khan: Es hat circa zwei Jahre gedauert, bis das mechanische Verfahren ausgereift war. Die Maschinen habe ich mit meinen Partnern in Bangladesch entwickelt. Wir mussten diese sieben Mal neu bauen bzw. adaptieren. Dazu kamen rund zwei Jahre, in denen ich an der Qualität und Marktreife der Fasern gearbeitet habe. 

Zwei Frauen in einem Ananasfeld
Wichtige Einkommensquelle für die Menschen: Ananasernte in Bangladesch. © Re-Root-Tex
Personen bei der Ananasernte
Von Abfall zum wertvollen Rohstoff für Textilien: Blätter bei der Ananasernte. © Re-Root-Tex
Frau an einer Maschine zur Verarbeitung von Ananasfasern
Die rein mechanische Fasergewinnung kommt völlig ohne Chemikalien aus. © Re-Root-Tex
Frauen trocknen Ananasfasern auf einer Leine
Regenerative Energie frei Haus: Die Fasern werden nach traditioneller Art in der Sonne getrocknet. © Re-Root-Tex

Auf der Heimtextil 2025 hat die deutsche Marke Kauffmann ihre neue mit Ananasdecke vorgestellt. Wie ist die Zusammenarbeit entstanden? 

Rony Khan: Hier war ein Quäntchen Glück im Spiel: Die Firma Sanders Kauffmann suchte eine nachhaltige Alternative für die klassische Feder-Füllung und hatte sich unter anderem an die Universität Niederrhein gewandt. Zu diesem Zeitpunkt war mir aufgefallen, dass meine Faser sehr flexibel einsetzbar ist. Bei der Bewerbung um das Projekt konnte ich erste greifbare Ergebnisse vorweisen, die überzeugt haben. 


Wie lange hat die Entwicklungsphase für die Ananas-Füllung gedauert?

Rony Khan: Sanders Kauffmann war von Anfang an dabei, die Zusammenarbeit für die Entwicklung der Füllung lief sehr effizient. Die Zeit von 2022 bis zum Launch 2025 hat es gebraucht, da ich wie oben angedeutet, an zwei Standorten arbeiten musste: in Bangladesch für die Maschinen und in Deutschland für die Beschaffenheit der Fasern. Aber es hat sich gelohnt. Ich bin sehr glücklich über das hervorragende Ergebnis.

Steppdecke mit großflächiger Ananas-Steppung im Showroom
Debüt auf der Heimtextil 2025: Ananassteppdecke bei Sanders-Kauffmann. © Sanders-Kauffmann
Beutel mit Ananasstickerei
Macht Lust auf die textile Innovation: Ansprechende Verpackung für die neue Ananasdecke. © Sanders-Kauffmann

Welche weiteren Anwendungsfelder haben Sie im Blick? 

Rony Khan: Im Prinzip kann die Faser fast jede Anforderung erfüllen. Das Single-Jersey für die Modeindustrie etwa ist seit 2024 auf dem Markt, eine 50/50-Mischung mit GOTs Bio-Baumwolle. Die Bettdecke stellte Sanders Kauffmann auf der Heimtextil 2025 vor, ebendort debütierte unser Partner Feroze 1888 Mill mit seiner Kollektion an Handtüchern. Unser erstes T-Shirt entstand in Zusammenarbeit mit der nachhaltigen Modemarke Hessnatur. Jetzt bringen wir gemeinsam mit einigen bewussten Modemarken unser Ananas Denim auf den Markt. Dazu haben wir April wir den Nachweis erhalten, dass unsere Faser im Vergleich zu allen anderen natürlichen Fasern die besten antimikrobiellen und desodorierenden Eigenschaften aufweist. Das Interesse ist da und wir können liefern. Das gibt viel Anlass zu Optimismus.  

Kerstin Männer

Kerstin Männer

Kommunikationsberaterin und freie Journalistin

Kerstin Männer ist seit über 20 Jahren in der Welt des Interior Designs zu Hause. Ihren beruflichen Werdegang startet sie bei der Messe Frankfurt, seit 2011 lebt und arbeitet sie als Kommunikationsberaterin und freie Journalistin in Köln. Ihre besonderen Steckenpferde sind, dort nachzuhaken, wo die Themen Nachhaltigkeit, Transformation, Trend und Design aktiv angepackt werden, und Laufsport. „Vom Endspurt sind wir in Sachen „Welt retten“ sicher noch weit entfernt, aber es ist gut zu sehen, wie immer mehr Player das Tempo deutlich anziehen.“ Foto: Rosetime

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