Langjähriger unternehmerischer Erfolg setzt Anpassungsfähigkeit, vorausschauendes Handeln und enge Partnerschaften voraus. Wie das gelingen kann, zeigt dieses Interview mit Ralf Taubert von der Hohenberger Manufaktur für Tapeten.
Seit den Ursprüngen der Hohenberger Manufaktur im Jahr 1932 hat sich im Unternehmen viel geändert. Wurde früher überwiegend im Auftrag Dritter produziert, sind heute 60 % eigene Kollektionen. Die Digitaldrucktechnologie hat Einzug gehalten und die Design- und Marketingabteilung wurde deutlich ausgebaut. Auch die Tochter von Ralf Taubert ist bereits im Unternehmen aktiv und bringt ihre eigenen Ideen ein. „Wir stehen als Interieurmarke für eine sensationelle Wandgestaltung mit innovativen Produkten, produzieren umweltfreundlich, bieten wohngesunde Produkte und möchten auch in Zukunft außergewöhnliche Oberflächen erzeugen.“ Was Ralf Taubert antreibt: die Liebe zur Tapete. „Wir verkaufen kein Produkt, wir verkaufen einen Stimmungsmacher.“
Dem Fabrikanten – wie er sich selbst bezeichnet – ist dabei durchaus bewusst, dass die Tapete bei den Verbrauchern in Deutschland nicht gerade hoch im Kurs steht. „Die Probleme sind hausgemacht“, ist sich Taubert sicher. Und sie haben mehrere Ursachen. Zum einen degenerierte die Präsentation mit dem Aufkommen der Baumärkte zu „emotionslosen Legebatterien“ und in der Folge wurden die angestammten Vertriebswege nach und nach weniger. Außerdem entstanden durch die Industrialisierung der Tapetenproduktion enorme Kapazitäten. Die Folge war ein Preisverfall. Und nicht zuletzt gab es Anfang der 1990er-Jahre „fürchterlich schlechte Tapeten“, wie Ralf Taubert erzählt – qualitativ und optisch. Unis – mit und ohne Putzstruktur – hielten Einzug. Gleichzeitig kamen auch hochwertige Farben auf den Markt, wie beispielsweise von Farrow & Ball aus England, die sehr schicke, kreidematte Oberflächen zauberten.
„Traut Euch, Ihr habt lange Freude daran. Das ist es, was wir den Menschen wieder vermitteln müssen.“
Und an den unifarbenen Wänden hat die Branche bis heute zu knabbern. „Eine Tapete darf heute einfach nur schön sein, sie ist quasi ein Statement Piece“, ist Taubert überzeugt. „Dabei darf sie laut, aber auch leise, farbig, floral oder geometrisch sein – wie es eben jedem Einzelnen gefällt. Mit einer tollen Tapete startet man ganz anders in den Tag und geht ganz anders ins Bett. Traut Euch, Ihr habt lange Freude daran. Das ist es, was wir den Menschen wieder vermitteln müssen.“
Und genau dafür tut Ralf Taubert viel. 2019 stellt er seine erste eigene Kollektion unter der Marke Hohenberger vor. Seither ist sie enorm angewachsen. Im Jahr kommen vier neue Kollektionen auf den Markt, die zum Teil von der eigenen Designabteilung entworfen werden, zum Teil von externen Designerinnen und Designern. Einer neuen Kollektion geht immer eine intensive Marktrecherche voraus, wofür man sich viel Zeit im Unternehmen nimmt. „Wir wollen schließlich nichts auf den Markt bringen, was schon in hundertfacher Form vorliegt“, so Taubert.
„Artist“ ist eine Hommage an die freie Assoziation und die künstlerische Vielfalt der modernen Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eingefangen wurden die expressiven Farben dieser Ära. Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
Die Naturkulisse mit ihren imposanten Felsen und Steinen rund um die Hohenberger Manufaktur für Tapeten stand Pate für die Kollektionen „Pepper“ und „Salt“. Natürliche Formen und Farben – dezent und zurückhaltend bei „Salt“, … Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
… und spicy bei „Pepper“. Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
Feinste Glasperlen verleihen der Kollektion „Cerra“ eine klassische Note und Raffinesse. Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
Die „Showerproof Wallpaper“ ist nicht nur wasserabweisend, sondern auch stoß- und kratzfest. Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
„Aurelie“ ist Teil der Marke Hohenberger Atelier. Das Dessin zeichnet sich durch geometrische Formen und eine sanfte Haptik aus. Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
Auf diese Weise entstehen ganz besondere Kollektionen, wobei auch oftmals ungewöhnliche Materialien zum Einsatz kommen. Ein Beispiel ist die PVC-freie „Showerproof Wallpaper“. Hier wird ein mineralfaserbeschichtetes Glasfaservlies mittels Digitaldruck veredelt und anschließend versiegelt. Auf diese Weise wird die Tapete feuchtigkeitsbeständig, wasserabweisend, stoß- und kratzfest, so dass sie problemlos im Badezimmer eingesetzt werden kann und sich damit für eine schnelle und einfache Sanierung eignet.
Krise und Chance
Die Corona-Jahre hatten für das Unternehmen Sonnen- wie Schattenseiten. Während man sich 2020 vor Aufträgen kaum retten konnte, brach der Markt nach dem ersten Quartal 2021 praktisch zusammen. Hinzu kam, dass der Marktzugang für die neue, eigene Kollektion quasi verschlossen war. „Die Produkte waren da, die Kollektionen waren da, aber unser Vertriebsteam konnte aufgrund der Einschränkungen nicht reisen“, erinnert sich Taubert. Das kostete Zeit, aber seither wird mit Hochdruck daran gearbeitet, neue Märkte zu erschließen und Vertriebspartner zu finden – allen voran Ralf Taubert.
Die Kollektion „Urban Oasis“, die in Zusammenarbeit mit der Interior Designerin und Künstlerin Emell Gök Che entstanden ist, verbindet künstlerische Freiheit mit hochwertiger Handwerkskunst. Foto: Taubert GmbH & Co. KG.
Dabei geht er auch neue Wege. So arbeitete er Anfang des Jahres mit Interior Designerin und Künstlerin Emell Gök Che zusammen. Entstanden ist die Kollektion „Urban Oasis“, die künstlerische Freiheit mit Handwerkskunst verbindet. Emell Gök Che ist bekannt aus verschiedenen Fernsehshows, wie zum Beispiel „Mein fabelhaftes Ferienhaus“, in der sie Ferienwohnungen ein Upgrade verpasst. Dabei packt sie durchaus selbst mit an. „Es war das erste Mal, dass wir mit einer prominenten Person zusammengearbeitet haben“, erzählt Taubert. „Und es hat sich für uns bewährt. Einmal abgesehen davon, dass eine schöne Kollektion entstanden ist, hat sie uns auch in Bezug auf Sichtbarkeit bei den Endkunden gutgetan. Da hilft sicherlich, dass Emell sehr sympathisch und emphatisch ist. Sie lebt für das Produkt, für Interior und für Design. Darüber hinaus ist sie sozial engagiert. Das ist einfach toll und passt gut zu uns.“
Ralf Taubert möchte diese Art der Kooperationen weiter ausbauen. Er hat schon einiges im Köcher, was aber aktuell noch nicht spruchreif ist. Was bereits läuft, ist die Zusammenarbeit mit einer Innenarchitektin, die zukünftig die Botschaft der Hohenberger Manufaktur für Tapeten in die Welt der Raumausstatter, Malerbetriebe und auch der Innenarchitekten trägt.
Interior Designerin und Künstlerin Emell Gök Che. Foto: Emell Gök Che, Farina Deutschmann Fotografie.
Mit im Gepäck hat sie auch die jüngste Marke: Hohenberger Atelier. „Mit Hohenberger Atelier wenden wir uns gezielt an Innenarchitektinnen und Innenarchitekten, denn hier denken wir den Raum ganzheitlich. Zudem sind wir in der Lage, kleine Mengen auf unterschiedlichen textilen Materialien wie Sisal, Leinen oder künstlerischem Papier zu produzieren“, erklärt Taubert. Die Marke ist darüber hinaus – wie alle Produkte der Marke Hohenberger – durch ihre ökologische Verträglichkeit gekennzeichnet.
Wohngesundheit ist für Ralf Taubert ein großes Anliegen. Als Mitte der 1980er-Jahre die Produktion von PVC-Tapeten einen regelrechten Boom erlebte, hat sich der Fabrikant von Beginn an gegen den Einsatz von PVC, Weichmachern und Lösungsmitteln entschieden. „Natürlich hat der Einsatz von PVC in der Produktion einige Vorteile, die nicht vom Tisch zu wischen sind“, erklärt Taubert. „Dies zu ersetzen, hat uns in den 1980er-Jahren sicherlich mehr Kopfzerbrechen bereitet, als dies heute der Fall wäre. Aber wir haben es geschafft. Nun arbeiten wir mit wasserbasierten Kunststoffdispersionen, die mit entsprechenden Füllstoffen versehen werden. Damit lassen sich trockene und nicht riechende Strukturen aufbringen.“ Denn die Ausdünstungen sind das Problem: „PVC, Weichmacher und andere organische Lösungsmittel stehen noch heute im Verdacht, gesundheitliche Probleme zu verursachen, weil sie in den Raum ausdünsten“, klärt Taubert auf. „Und das wollen wir in jedem Fall vermeiden.“
Brancheninterne Tabus offen ansprechen
Beim Thema Recyclingfähigkeit von Tapeten wird Ralf Taubert nachdenklich. „Das ist ein Tabuthema in der Branche, denn Tapeten lassen sich heute noch nicht recyceln. Sie sind am Lebensende Müll. Da wir keine chemischen Stoffe verarbeiten, ist es zwar kein Sondermüll und lässt sich bedenkenlos verbrennen, aber es ist dennoch Müll. Ich finde allerdings, dass Tabuthemen generell schlecht sind. Das heißt ja, man kommuniziert ein Thema bewusst nicht. Damit hat natürlich auch der Fachhandel zu kämpfen. Und hier sind wir wieder bei der Massenproduktion. Wir können 100 oder auch weniger Rollen produzieren, womit wir letztendlich für den Handel auch das Abverkaufs- und Entsorgungsrisiko minimieren. Und zudem, ich kann es nicht oft genug sagen, sind unsere Tapeten ohne Ausnahme PVC- und lösemittelfrei. Und werden übrigens auch nachhaltig hergestellt.“
Ein ganzheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit begreift Ralf Taubert ganzheitlich. Nicht nur, dass seine Produkte wohngesund sind und mit möglichst wenig Einfluss auf die Umwelt hergestellt werden, er sieht sich in klarer Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Ich bezeichne mich nicht als Unternehmer, sondern als Fabrikant, der Werte hat, die er lebt, für seine Leute einsteht, sie ordentlich bezahlt und sie unter anständigen Bedingungen ihrer Arbeit nachgehen lässt. Und auf der anderen Seite wertschätzend mit den Kunden umgeht, ihnen Service, Qualität und Zuverlässigkeit garantiert und im Falle einer Reklamation diese auch ernst nimmt und zu aller Zufriedenheit regelt“, führt Taubert aus. „Bei uns heißt es nicht Shareholder Value, sondern Social Responsibility.“
Die Ursprünge der Hohenberger Manufaktur für Tapeten gehen in das Jahr 1932 zurück. Seinerzeit hatte Paul Taubert, Großvater des heutigen Geschäftsführers Ralf Taubert, ein Unternehmen für Raumkunst gegründet. Sein Schaffen wurde 1939 mit dem Einzug in die Armee jäh unterbrochen. Erst 1947 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft nach Hohenberg an der Eger zurück und begann Ende der 1940er-Jahre mit der Produktion von Malerwalzen sowie Fassaden- und Innenraumfarben. Anfang der 1950er-Jahre startete schließlich die eigentliche Tapetenproduktion. Damals im Leimdruckverfahren, das erste maschinelle Druckverfahren für Tapeten, bei dem mittels Walzen mit Leim und Farben auf Papierbahnen gedruckt wurde. Dieses kommt übrigens auch heute noch bei der Hohenberger Manufaktur für Tapeten gelegentlich zum Einsatz.
Ralf Taubert stieg im Jahr 2000 in das Unternehmen ein und übernahm den Betrieb mit rund 20 Mitarbeitern von seinem Vater. Schnell ging es bergauf, sodass bis 2008 120 Mitarbeiter an vier Standorten in Deutschland und der Slowakei Tapeten fertigten. Dann geriet das Unternehmen erstmals in Turbulenzen, aus denen es sich allerdings schnell wieder befreien konnte. 2017 folgte jedoch ein harter Cut, in dessen Folge 2018 die heutige Taubert GmbH & Co. KG das operative Geschäft übernahm. Heute sind 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Hohenberg an der Eger beschäftigt.