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Der erste Teil unserer Story zeigte, wie innovative Materialien und digitale Technologien dabei helfen, Ressourcen zu schonen und Abfälle zu vermeiden. Doch wie lassen sich diese Prinzipien weiter umsetzen? Dafür werfen wir noch einmal einen Blick über den Tellerrand.
Wo gehobelt wird, fallen Späne – und wo viele Menschen sind, fällt viel Abfall an. Wie beispielsweise bei Events oder beim Thema „Take-away“. Bis vor einigen Jahren ging es vor allem darum, möglichst günstige und praktische Lösungen zu finden. Ein Gau für die Kreislaufwirtschaft. Dass es auch ganz anders geht, zeigen die folgenden zwei Unternehmen.
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Vorteil: Pfand-System
Farbig, formbar und auf diese Weise sogar umweltfreundlich: Kunststoff ist in der Konsumgüterwelt ein nahezu unverzichtbares Material. Um dieses zukunftsweisend nutzbar zu machen, hat das Familienunternehmen Koziol einen radikalen Schritt unternommen. Die „Glückfabrik“ produziert seit 1927 am eigenen Standort in Deutschland und ist bekannt für ihre kreativen Design-Gegenstände, Geschirre und Gastrolösungen. 2021 hat Koziol von herkömmlichem Kunststoff auf das eigenes entwickelte Organic Bio-Circular-Material umgestellt.

Dieses basiert auf entsorgten Pflanzenölen aus der Gastronomie und Industrie, ist lebensmittelecht, spülmaschinenfest, ökologisch unbedenklich – und zu 100 Prozent recyclebar. Zumindest im Prinzip, denn sobald die Produkte in den Haushalten landen, gestalten sich wie in der Textilindustrie Rücknahme und Recycling schwierig.
„Essen zum Mitnehmen ist aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Doch bei den Transportbehältnissen sind jetzt kompromisslos nachhaltige Konzepte gefragt.“

Koziol setzt daher dort an, wo eine Verfolgung und Rücknahme leicht ist: bei System-Kunden und im Take-away-Bereich. „Essen zum Mitnehmen ist aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Doch bei den Transportbehältnissen sind jetzt kompromisslos nachhaltige Konzepte gefragt. Unsere Move-Serie steht für intelligentes Design, hohe Qualität und den ökonomischen Umgang mit Form und Material“, erklärt Daniel Koziol, der das Unternehmen in der 3. Generation leitet. Die Move-Serie wurde speziell für den Einsatz in Pfandsystemen entwickelt, ein optionales Tagging-System erleichtert Rückverfolgung und Austausch. Schon heute läuft das innovative Mehrweggeschirr erfolgreich in Freizeitparks, im Event-Bereich und im öffentlichen Raum. Für das Projekt „Dortmund isst nachhaltig“ etwa, hat Koziol ein Pfandgeschirr mir QR-Code entwickelt, das inzwischen im gesamten Stadtgebiet genutzt wird.
Schulterschuss im Contract-Business
Ähnlich packt die belgische Beaulieu-Gruppe das Problem an. Die Nadelfilz-Lösungen der Rewind-Kollektion bestehen aus 100 Prozent Polypropylen, sind latex-frei und vollständig recycelbar. Die selbst entwickelten PP-Fasern „UltraBond“ haben ein breites Anwendungsspektrum und können für Bodenbeläge verwendet werden wie auch für andere thermische Bindungsanwendungen.

Beaulieu vertreibt Rewind® gezielt im Event und Contract-Bereich, sprich in überschaubaren Systemen, wo eine Rücknahme von den Partnern erwünscht und daher machbar ist. Das sorgt für Effizienz. „Bei Veranstaltungen fallen naturgemäß hohe Mengen an gebrauchten Teppichen an. Diese betrachten wir heute nicht mehr als Abfall, sondern als wertvolle, in den Kreislauf rückführbare Rohstoffe, die sich durchaus auch für ganz neue Produkte eignen“, erläutert Bénédicte Lobel, Business Development Manager von Rewind®. Das Unternehmen hat sich der Net Zero Carbon Events Initiative angeschlossen, der viele Messeveranstalter wie auch die Messe Frankfurt angehören. Die Initiative zielt konkret darauf ab, die CO2-Emissionen im Veranstaltungssektor endgültig zu senken.
„Bei Veranstaltungen fallen naturgemäß hohe Mengen an gebrauchten Teppichen an. Diese betrachten wir heute nicht mehr als Abfall, sondern als wertvolle, in den Kreislauf rückführbare Rohstoffe.“

Das bedeutet eine kompromisslose Netto-Null bis 2050. Aktuelle kooperiert Beaulieu in diesem Sektor unter anderem mit der IFEMA Madrid. Der Veranstalter hat die komplett auf Rewind®-Böden umgestellt, die nach den Events als Rohmaterial u.a. in die Herstellung von Designer-Stühlen zurückfließen. Viele weitere Player wie Jaarbeurs oder die Finanzmesse Sibos, die 2025 in Frankfurt stattfinden wird, setzen mit Rewind® auf die kreislauffähige Lösung.
Titelbild: ©Beaulieu/Rewind
Serie: So kann's gehen
Über die Serie
Die Herausforderungen für Unternehmen der Textilindustrie sind facettenreich und, einfach ausgedrückt, nicht ohne. Sie reichen von steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie über Fachkräftemangel und Lieferketten bis hin zu den Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Innovative Unternehmen nutzen ihre Chancen und generieren aus der Herausforderung ihr Businessmodell. Allein gelingt das allerdings selten. Netzwerke von Wirtschaft und Forschung sind gefragt.
In der Serie „So kann’s gehen“ stellen wir Unternehmen, Start-ups und Marktführer vor, die sich einem Problem nicht nur annehmen, sondern daraus ein zukunftsfähiges Business entwickelt haben.
Weitere Artikel der Serie:
Einer für alle. Wie Kreislaufwirtschaft funktionieren kann. (Teil 1)