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Interview

Der Weg zu nachhaltiger Mode: Wissenschaft und Industrie im Dialog

04.03.2025

Wie erreicht die textile Modeindustrie echte Nachhaltigkeit? Prof. Simone Sommer der Hochschule Pforzheim teilt ihre Perspektiven zum Attitude-Behavior-Gap, der Notwendigkeit von Regelwerken und führt aus, weshalb die nächste Generation aus „Sustainability Natives“ bestehen werde.

Lesedauer: 3 Minuten

Das Attitude-Behavior-Gap bei nachhaltiger Mode

Studien zeigen eine deutliche Lücke zwischen dem Bewusstsein der Verbraucher für Nachhaltigkeit und ihrem tatsächlichen Kaufverhalten, sagt Prof. Sommer. Obwohl viele Menschen zustimmen würden, dass nachhaltige Kleidung die bessere Wahl sei, bestimme letztlich Optik, Haptik und Preis die Kaufentscheidung. „Die Kaufkraft der Kunden wird nicht wirklich von Trends beeinflusst, schon gar nicht von Nachhaltigkeitstrends“, betont Sommer. Dies unterstreiche, dass systemische Veränderungen notwendig seien, anstatt sich ausschließlich auf Verhaltensänderungen der Konsumenten verlassen zu können.

„Die Rolle von Designer*innen verändert sich. Sie sind nicht länger nur für Ästhetik zuständig, sondern werden zunehmend als Systemdenker wahrgenommen, die die Beziehung unserer Gesellschaft zu Produkten stark beeinflussen.”

Prof. Simone Sommer

Regulierungen als treibende Kraft für nachhaltigen Wandel

Die regulatorischen Rahmenbedingungen der Europäischen Union spielen eine zentrale Rolle bei der Transformation der Textilindustrie. Einige Marken seien Vorreiter. „Insgesamt werden Regulierungen einen größeren Einfluss als einzelne Initiativen oder Marketinggeschichten haben“, sagt Sommer. Diese Vorschriften würden folglich auch eher zögerliche Unternehmen dazu zwingen, ihre Praktiken zu überdenken und Nachhaltigkeit zur Priorität zu machen.

Kreislaufwirtschaft: Ein gemeinsamer Lernprozess

Da das Konzept der Kreislaufwirtschaft in der Praxis noch nicht etabliert sei, würden standardisierte Lehrmethoden fehlen. „Wir müssen die Kreislaufwirtschaft gemeinsam erforschen – Wissenschaft und Industrie zur gleichen Zeit“, erklärt sie. Institutionen wie die Hochschule Pforzheim würden aktiv gemeinsame Forschungsprojekte fördern, bauen Labore auf und stärken Partnerschaften, um Fortschritte zu erzielen.

Die nächste Generation: Nachhaltigkeit als neuer Standard

Prof. Sommer sieht im Zuge des Generationswechsels eine neue Gruppe von „Sustainability Natives“ heranwachsen. Junge Fachkräfte, für die nachhaltiges Handeln kein Zusatz, sondern der Standard ist. „In ein paar Jahren wird Nachhaltigkeit für die nächste Generation von Macher*innen, Designer*innen und Produzent*innen einfach zur Normalität gehören“, prognostiziert sie.

Wissen zur Transformation

Die Verbindung von theoretischen Erkenntnissen und praktischer Anwendung sei entscheidend, um zukünftige Fachkräfte optimal auf die Textilindustrie vorzubereiten. Die Herausforderung liege darin, „Bildungsziele mit den Anforderungen der realen Welt in Einklang zu bringen und den Wandel ganzheitlich anzugehen.“ Es gehe also darum, nicht nur technisches Wissen zu vermitteln, sondern auch eine Denkweise zu fördern, die bestehende Systeme hinterfrage und neu gestalte.

Designer*innen als Systemdenker: Neue Rolle für Kreative

„Die Rolle von Designer*innen verändert sich. Sie sind nicht länger nur für Ästhetik zuständig, sondern werden zunehmend als Systemdenker wahrgenommen, die die Beziehung unserer Gesellschaft zu Produkten stark beeinflussen”, sagt Prof. Sommer.

In einer Zeit des rasanten Wandels werde die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Regulierungsbehörden entscheidend sein, um echte und nachhaltige Veränderungen in der Modebranche voranzutreiben. Die Zukunft gehöre jenen, die Brücken bauen, Normen infrage stellen und mit Ziel und Vision gestalten.

Das Textile Lab der Hochschule Pforzheim

Das Textillabor der Hochschule Pforzheim ist ein kreativer Hub, in dem Tradition auf Innovation trifft, um die Zukunft nachhaltiger Textilien zu gestalten. Ausgestattet mit Maschinen und Open-Source-Tools, arbeitet das Labor auf „micro-factory level“ und experimentiert mit natürlichen und recycelten Fasern. Hier verbinden Studierende und Forschende Design- und Materialkompetenz und entwickeln mutige Lösungen, um den textilen Kreislauf lokal zu schließen und die Art und Weise, wie Mode entsteht – von der Faser bis zum fertigen Produkt – neu zu denken

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Modenschau der Hochschule Pforzheim im Eissportzentrum Pforzheim © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim im Eissportzentrum Pforzheim © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim im Eissportzentrum Pforzheim © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim im Eissportzentrum Pforzheim © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim im Eissportzentrum Pforzheim © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim im Eissportzentrum Pforzheim © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim in der Aula der Fakultät für Gestaltung © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim in der Aula der Fakultät für Gestaltung © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim in der Aula der Fakultät für Gestaltung © Harald Koch
Modenschau der Hochschule Pforzheim in der Aula der Fakultät für Gestaltung © Harald Koch

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