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Forschende an der University of Buffalo (UB), USA, entwickeln derzeit ein neuartiges elektronisches Textil (E-Textil), das die Funktionsweise menschlicher Nerven in den Händen nachahmt. Es erkennt Druck und beginnende Rutschbewegungen beim Greifen von Objekten – Fähigkeiten, die Robotern bislang weitgehend fehlen.
In der Pressemitteilung der Universität heißt es: Roboter seien zwar in vielen Bereichen hochleistungsfähig, doch „ein guter Tastsinn gehört nicht dazu“. Typische Probleme: Objekte werden fallengelassen oder zu stark zusammengedrückt. Trotz Kamerasystemen und anderer Sensorik blieb eine einfache, kosteneffiziente Lösung bisher aus.
Jun Liu, PhD, Assistenzprofessor im Department of Mechanical and Aerospace Engineering an der UB und korrespondierender Autor der Studie, nahm sich dieser Herausforderung an.
„Die Anwendungen sind äußerst spannend“, erklärt Liu. „Von der Montage und Verpackung in der Industrie über die robotische Chirurgie bis hin zur Prothetik – überall dort, wo Mensch und Maschine zusammenarbeiten, bietet die Technologie enorme Vorteile.“

Die Ergebnisse wurden im Juli 2025 in „Nature Communications“ veröffentlicht. Neben Liu wirkten auch Ehsan Esfahani, PhD, mehrere UB-Studierende sowie ein ehemaliger Doktorand mit, der heute als Postdoc an der University of Chicago tätig ist.
Erstautor der Studie ist Doktorand Vashin Gautham, Mitglied der Liu-Gruppe. Er erklärt: „Der Sensor funktioniert wie menschliche Haut: flexibel, hochsensibel und in der Lage, nicht nur Druck, sondern auch feinste Rutsch- und Bewegungsimpulse zu erkennen. Damit verleihen wir Maschinen ein echtes Tast- und Greifgefühl – ein Durchbruch für Robotik, Prothetik und Mensch-Maschine-Interaktion.“
Praxistest mit 3D-gedruckten Fingern
Um das System zu testen, integrierten die Forschenden den Sensor in ein Paar 3D-gedruckter Roboterfinger, montiert an einem von Esfahanis Gruppe entwickelten nachgiebigen Greifer.
„Dank der Sensorintegration erkennt der Greifer Rutschbewegungen und passt seine Nachgiebigkeit und Greifkraft dynamisch an“, erläutert Esfahani. „Dadurch werden In-Hand-Manipulationen möglich, die zuvor nur schwer umsetzbar waren.“
Ein Beispiel: Beim Versuch, ein Kupfergewicht aus den Fingern zu ziehen, registrierte der Sensor die Bewegung sofort und der Greifer erhöhte den Druck – ganz wie eine menschliche Hand.
Die Basis dafür ist der tribovoltaische Effekt: Die minimale Relativbewegung zwischen zwei Materialien erzeugt Gleichstrom.
Geschwindigkeit auf menschlichem Niveau
Die Tests zeigten, dass die Reaktionsgeschwindigkeit des Systems mit menschlichen Fähigkeiten vergleichbar ist.
Liu betont: „Das System arbeitet extrem schnell und erfüllt die biologischen Benchmarks menschlicher Leistung. Je stärker oder schneller das Rutschen, desto intensiver reagiert der Sensor – ein entscheidender Vorteil für die Entwicklung präziser Steuerungsalgorithmen.“
Das Team plant nun weiterführende Tests, inklusive der Integration von Reinforcement Learning (verstärkendes Lernen). So könnte die robotische Geschicklichkeit nochmals gesteigert werden.
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Autor: Otis Robinson, WTiN