Überspringen
Pinke Mikrofasern

Die Mikrofaser-Herausforderung

06.02.2025

Das Microfibre Consortium (TMC) unterstützt die Industrie bei der Reduzierung der Faserfragmentierungsemissionen. Wir fragen CEO Kelly Sheridan, wie das bis 2030 gelingen kann.

Lesedauer: 4 Minuten

Auf den Punkt

  • Strategische Kollaboration und wissenschaftliche ExpertiseDie Reduzierung des Mikrofaserausstoßes erfordert die Zusammenarbeit von Industrie, Wissenschaft und Politik. Nur durch Wissenstransfer können effektive Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette entstehen. 
  • Datengetriebene Ansätze Daten helfen, Ursachen des Ausstoßes zu identifizieren und innovative Testmethoden zu entwickeln. Für Unternehmen ergeben sich daraus konkrete Ansätze zur Emissionsreduktion und für nachhaltige Produktgestaltungen. 
  • Fahrplan bis 2030 Verabredete Meilensteine der Textilindustrie sind entscheidend. Schulungen und Standards helfen Herstellern außerdem, ihre Fortschritte messbar zu machen.

Das „Microfibre Consortium“ (TMC) ist eine gemeinnützige Organisation und unterstützt die Entwicklung praktischer Lösungen, um Mikrofasern zu minimieren. 

Ihre Geschäftsführerin Kelly Sheridan erklärt, dass die Faserfragmentierung als so gesehen unsichtbares Problem einen gemeinsamen Ansatz erfordert, wenn die Textilindustrie die schädlichen Umweltauswirkungen der Faserfragmentierung ganz vermeiden möchte. 

Sheridan, die aus der forensischen Faseranalyse kommt, erläutert: 

„Unsere Aufgabe besteht darin, Grundlagenforschung mit der Realität in der Lieferkettenproduktion zu verbinden und verständlich zu machen.“

Kelly Sheridan

Im Jahr 2021 wurden vom TMC die Selbstverpflichtung für 2030 und eine Roadmap ins Leben gerufen, um ein gemeinsames Ziel für die Branche zu schaffen und Prüfverfahren für die Faserfragmentierung festzulegen. Parallel dazu hat das TMC ein Mikrofaserdatenportal initiiert und seitdem eine umfassende Überprüfung aller von den Unterzeichnern bereitgestellten Testdaten vorgenommen, um die Ursachen der Faserfragmentierung besser nachvollziehen zu können.

Microfibre Consortium
Das „Microfibre Consortium“ ist eine gemeinnützige Organisation und fördert die Entwicklung von praktischen Lösungen für die Textilindustrie

Das „Microfibre Consortium“ ist eine gemeinnützige Organisation und fördert die Entwicklung von praktischen Lösungen für die Textilindustrie

„Wir wissen, dass Mikrofasern als Schadstoffe weit verbreitet sind“, so Sheridan. „Sie tragen zum Verlust der Biodiversität und zum Klimawandel bei und verschmutzen Wasser, Luft und Boden. Das ist wissenschaftlich erwiesen und steht im engen Zusammenhang mit der dreifachen globalen Krise (Triple Planetary Crisis), wie sie vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) beschrieben wird.“

Sheridan zufolge ist es, angesichts der zahlreichen Forschungsarbeiten und Studien zu Mikroplastik, ein weit verbreiteter Irrglaube, die Faserfragmentierung sei ein rein synthetisches Problem. 

Zur Veranschaulichung führte sie das Beispiel an, dass wir Flaschen im Meer und Plastiktüten in Tieren vorfinden. Weil wir aber Mikrofasern nicht sehen können, herrsche eine gewisse Gleichgültigkeit, und es könne schwierig sein, das Problem in seiner ganzen Dimension zu erfassen. 

„Fasern, sofern sie einmal verarbeitet oder behandelt wurden, können sich unabhängig von ihrer Herkunft allesamt negativ auf die Umwelt auswirken, ganz gleich, ob es sich um Baumwollfasern, tierische Fasern, künstliche Zellulosefasern oder synthetische Fasern handelt“, so Sheridan weiter. 

Dies sei, so ergänzt sie, auf eine weitere große Herausforderung zurückzuführen, nämlich den Mangel an Daten über die toxikologischen Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier. 

„Ich denke, dass sich die Verantwortlichkeiten innerhalb der Branche und der Wertschöpfungskette stark verschieben, was immer ein Hindernis für den Fortschritt bedeutet. Und darauf konzentriert sich das TMC jetzt ganz besonders. Wir wollen die Faserfragmentierung aus der Nische holen und ganz nach oben auf die Nachhaltigkeitsagenda bringen“, erklärte sie.

Die Microfibre-Roadmap gebe die strategische Richtung, das Tempo der Aktivitäten und die spezifischen Schritte zur Umsetzung der Verpflichtung vor. Sie enthält klare Meilensteine: Angleichung des Sektors, Verständnis der Faserfragmentierung sowie deren Verhinderung. Zu den wichtigsten Punkten gehören dabei Kommunikation und Bewusstseinsbildung, die Verringerung der Entstehung und die Senkung der Emissionen. 

Die Roadmap wurde 2021 initiiert und unterteilt sich in drei Phasen: Aktivierung, Umsetzung und Ausweitung. 2024 ist die Umsetzungsphase erreicht. 

Die Lösung, so Sheridan, lautet: „Wir müssen zusammenarbeiten, um wissenschaftlich fundiertes Fachwissen für die Entwicklung politischer und regulatorischer Maßnahmen bereitstellen zu können, und mit geeigneten, ähnlich ausgerichteten Gruppen zusammenarbeiten, um diese Bemühungen zu verstärken. Das können wir nicht allein tun, und wir müssen das kollektive Verständnis in der gesamten Gemeinschaft fördern.“

Das TMC habe auf seinem Weg bereits Erfolge erzielt, die im Fortschrittsbericht für den Zeitraum Juni 2022 bis Juni 2024 dargestellt sind. Mit dem Eintritt in die Umsetzungsphase würdige der Bericht den Erfolg von Maßnahmen wie dem angesprochenen Mikrofaser-Datenportal – der weltweit größten Datensammlung, auf die das TMC zurückgreifen kann, um umfassende Ursachenanalysen zu verstehen und zu vervollständigen. 

Im Mai 2023 wurde der Hauptausschuss des TMC gegründet, um die politischen Entscheidungsträger mit den besten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und technischen Erkenntnissen aus der Branche zu versorgen. 

Die akademische Forschung sei fundiert und detailreich, schreite aber häufig langsamer voran, als es die Industrie verlange, so Sheridan. Gleichzeitig habe die Industrie oft nicht die Zeit oder die Ressourcen, um Grundlagenforschung zu betreiben. 

Das TMC sehe sich hier als Vermittler. 

„Ich bin wirklich stolz auf die Arbeit, die wir bei der Datenerhebung geleistet haben", sagte Sheridan. „Wir haben Daten von fast 1.000 Stoffen gesammelt, und konnten deshalb eine umfassende und tiefgreifende Analyse des gesamten Datensatzes durchführen, was wichtige Erkenntnisse zu den Ursachen der Faserfragmentierung lieferte."

Das TMC habe dann diese Ergebnisse mit den Unterzeichnern der Selbstverpflichtung bis 2030 teilen können. Durch die Kraft dieses Kollektivs – aus Marken und Einzelhändlern, die sich verpflichten würden, ihre Stoffe zu testen – sei die Organisation in der Lage, Analyse- und Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. 

Darüber hinaus entwickelt das TMC in Partnerschaft mit der ZDHC Foundation (Zero Discharge of Hazardous Chemicals = Null Ausstoß von gefährlichen Chemikalien) eine Testmethode, um die Freisetzung von Faserfragmenten im Abwasser zu bestimmen und messen zu können. Mit dem Ziel, diese Freisetzung in Zukunft zu reduzieren. 

Ein weiterer wichtiger Bereich, mit dem sich das TMC beschäftige, sei die Entwicklung eines Indikators für den Verschleiß von Stoffen. 

Sheridan erklärt: „Die gesammelten Tests, die die TMC-Unterzeichner zur Messung der Faserfragmentierung von fertigen Stoffen durchführen, liefern uns eine Reihe von Daten, mit denen wir die Ursachen der Faserfragmentierung besser verstehen. Aber welche anderen Möglichkeiten gibt es, damit die Unterzeichner mit Hilfe dieser Daten geeignete Maßnahmen zur Verringerung der Faserfragmentierung ergreifen können?"

Das TMC möchte den Markenunternehmen Ressourcen zur Verfügung stellen, die es ihnen ermöglichen, die gesammelten Daten zu nutzen, um ihre Stoffe anhand eines Messindikators zu bewerten. 

„Ich denke, das ist ein zweigleisiger Ansatz“, so Sheridan. „Wir müssen einen Indikator für den textilen Verschleiß als global abgestimmte Methodik entwickeln, um die Markenunternehmen bei Produktänderungen zu unterstützen, damit die von ihnen gesammelten Daten schlüssig sind, und damit wir ein besseres Verständnis für die eigentlichen Ursachen bekommen.“

Autorin: Abigail Turner, WTiN

[englisch] Deep-dive Webinare: 

  • Eine Einführung in die Faserfragmentierung – hier ansehen [englisch]
  • Faserfragmentierung und der Verlust der Artenvielfalt – hier ansehen [englisch]
  • Faserfragmentierung und Umweltverschmutzung – hier ansehen [englisch]
  • Faserfragmentierung und Klimawandel – hier ansehen [englisch]

Das könnte Sie auch interessieren:

01 / 04