Theoretisch sieht es ja schon ganz gut aus: Weltweit stellen Unternehmen und Forschungsinstitute neue Technologien und Materialien vor, die die Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Der Knackpunkt: Die Voraussetzung für eine verlustfreie Rückführung und Wiederverwertung von Rohstoffen ist in der Regel deren Sortenreinheit. Ein Problem, das die Textilindustrie und die Konsumgüterbranche mit ihren vielen Materialmixen teilen. Wie sehen die Lösungsansätze hier und dort aus?
Leuchtendes Beispiel
Blachere Illumination, Spezialist für Innenstadt- und Objektbeleuchtung, hat auf nachhaltige Beleuchtungslösungen in 3D-Druck umgestellt und boomt damit – auch weil sich die Ausschreibungsauflagen in Europa verändert haben. Schon 2019 hat das Unternehmen mit seiner Innovation BioPrint ein nachhaltiges und biologisch abbaubares Material für den 3D-Druck eingeführt, das auf Zuckerrohr basiert. 2021 folgte das patentierte Recy-Print-Material aus recycelten Plastikflaschen. Beide Lösungen verbrauchen allein in der Herstellung 10-mal weniger CO2 als die herkömmlichen Aluminiumrahmen, die in der Branche üblich sind. Darüber hinaus nutzt Blachere Illumination recycelbare elektrische Komponenten, so dass die Einzelteile tatsächlich zu fast 100 Prozent in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Als weiterer Pluspunkt erweist sich die große Gestaltungsfreiheit des Verfahrens, denn der 3D-Druck erlaubt eine nahezu unendliche Farb- und Formenvielfalt. Dazu sind die zumeist maßgefertigten Kreationen auf Langlebigkeit ausgelegt und können bis zu zehn Jahre oder länger genutzt werden.
Die Lösung für unterwegs: Neben dem Preis liegt der große Erfolg vor allem an der hohen Performance der Materialinnovation. „Im Prinzip ist Rivercyclon® sogar das bessere PVC, denn es bietet viele Pluspunkte on top“, erläutert Boris Gaasbeek. So enthält Rivercyclon® keine Phthalate, es ist also auch in der Verarbeitung ungiftig, und wiegt bis zu 40 Prozent weniger als klassische PVC-beschichtete Gewebe. Das macht es besonders attraktiv für den Transportsektor. Eines der Leuchtturmprojekte ist daher die Kooperation mit dem Schweizer Taschenhersteller Freitag und weiteren Industriepartnern. Gemeinsam arbeiten sie an der Entwicklung einer nachhaltigen LKW-Plane, die nach ihrem zweiten Leben als Freitag-Tasche recycelt werden kann. Derzeit befindet sich eine ganze Flotte von Lastwagen mit zirkulären Planen im Härtetest auf der Straße. Das Material für den Taschen-Prototypen der Marke hat bereits seine zweijährige Testfahrt auf einem Lieferwagen absolviert.
Fortsetzung
In Teil 2 dieses Beitrags geht es darum, wie ein Hersteller aus der Konsumgüterbranche mit innovativen Materialien und cleveren Rücknahmekonzepten neue Maßstäbe für Nachhaltigkeit setzt. Von Design-Geschirr für Pfandsysteme über recycelbare Teppiche für Eventböden bis hin zu 3D-gedruckten Möbeln nach Cradle-to-Cradle-Prinzip – entdecken Sie inspirierende Ansätze aus ganz unterschiedlichen Branchen!
Titelbild © Freitag / Simon Habegger
Serie: So kann's gehen
Über die Serie
Die Herausforderungen für Unternehmen der Textilindustrie sind facettenreich und, einfach ausgedrückt, nicht ohne. Sie reichen von steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie über Fachkräftemangel und Lieferketten bis hin zu den Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Innovative Unternehmen nutzen ihre Chancen und generieren aus der Herausforderung ihr Businessmodell. Allein gelingt das allerdings selten. Netzwerke von Wirtschaft und Forschung sind gefragt.
In der Serie „So kann’s gehen“ stellen wir Unternehmen, Start-ups und Marktführer vor, die sich einem Problem nicht nur annehmen, sondern daraus ein zukunftsfähiges Business entwickelt haben.
Zum Artikel "Circular Economy ist keine Modeerscheinung"